Mittwoch, den 10. März 2021 – Vortragsabend via ZOOM
Unser Gäste Herren Michael Kruse und Tommaso Saccco aus Arthur D. Little referierten zum Thema:
«Nukleare Neubauprojekte – Eine Übersicht, ökonomische und energiewirtschaftliche Treiber» .
Die Vortragsunterlagen in EN und DE finden Sie bereits online (Passwortgeschützt).
Abstract:
Seit Einführung der Kernenergie zur kommerziellen Stromerzeugung in den 1960er Jahren steht diese Erzeugungsform im Fokus der Energiepolitik und Öffentlichkeit. Die öffentliche Debatte wird teils sehr kontrovers geführt. Auf der einen Seite des Spannungsfeldes stehen die Chancen der Kernenergie als technisch-ausgereifte und klimafreundliche Energiequelle. Dem gegenüber stehen die Sicherheitsbedenken und die Risiken einer nicht abschliessend geklärten Entsorgung und Endlagerung radioaktiver Abfälle. Im Hinblick auf die zunehmend kostengünstige Stromerzeugung mit Hilfe erneuerbarer Energien, wird diese Debatte zudem durch die Frage nach der allgemeinen Wettbewerbsfähigkeit von Kernkraftwerken gegenüber anderen Erzeugungsformen bestärkt.
Anfang des neuen Jahrtausends schien die Kernenergie vor einer Renaissance bezüglich ihres Beitrags zum weltweiten Stromerzeugungsmix zu stehen. Seit den Ereignissen in Fukushima wird die Sinnhaftigkeit der Kernenergie in Frage gestellt. Die zukünftige Rolle der Kernenergie ist nicht klar definiert. Einige Volkswirtschaften sehen die Kernenergie in Kombination mit erneuerbaren Energien als die Lösung zu einer dekarbonisierten Energiewirtschaft. Andere Volkswirtschaften setzen auf den Totalausstieg aus der Kernenergie beziehungsweise vermeiden den Einstieg in diese Erzeugungsform. Die konkreten Sichtweisen hängen jeweils vom Land und der Region ab. Die Mehrheit der westeuropäischen Kontinentalländer plant derzeit den Ausstieg aus der Kernenergie. Die osteuropäischen und asiatischen Länder hingegen investieren und planen den Einstieg in die Kernenergie beziehungsweise die Modernisierung ihrer bestehenden Kernkraftwerke. Darüber hinaus prüft eine nicht unerhebliche Anzahl an Ländern die Vorteile neuer Technologien, insbesondere kleiner, modularer Kernkraftwerke (Small Modular Reactors) als „off-the-shelf“ Lösung.
Der vorliegende Vortrag diskutiert die zukünftige Entwicklung der Kernenergie in den Nachbarländern der Schweiz sowie weltweit. Neubauprojekte werden vorgestellt, wobei der Schwerpunkt auf europäische Projekte, beispielweise Hinkley Point C, gelegt wird. Darüber hinaus werden richtungsweisende Trends präsentiert, sowohl mit einer globalen Perspektive, als auch mit Fokus auf Westeuropa und auf schweizerische Nachbarländer. Die Entwicklungen im Hinblick auf den Bau neuer Kernkraftwerke wer-den in den Kontext der öffentlichen Debatte eingeordnet und die Treiber des Ausbaus der Kernenergie in bestimmten Ländern erläutert. Der Vortrag endet mit einem Blick in die Zukunft der Kernenergie, wobei Eigenschaften und Vorteile der neuen Small Modular Reactors und weiterer nuklearer Technologien angerissen werden.
(Michael Kruse und Tommaso Sacco, Arthur D. Little GmbH)
Donnerstag, den 17. Juni 2021, Villa Boveri in Baden
Dr. Tom Kober
Head of the Energy Economics Group of the Laboratory for Energy Systems Analysis, Paul Scherrer Institut
«Pfade zur CO2-Neutralität der Schweiz: Technologie- und Kostenimplikationen im Kontext des gesamten Energiesystems»
Abstract:
Der Schweizer Bundesrat hat im August 2019 das ehrgeizige Klimaziel beschlossen, was besagt, dass in der Schweiz ab dem Jahr 2050 unter dem Strich keine Treibhausgasemissionen mehr ausgestossen werden sollen. Damit entspricht die Schweiz dem international vereinbarten Ziel, die globale Klimaerwärmung auf maximal 1,5°C gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Welche Möglichkeiten zur Erreichung dieses Zieles im Energie- und Industriesektor bestehen, hat das Labor für Energiesystemanalysen des Paul Scherrer Instituts im Rahmen der Joint Activity «Scenarios and Modelling» der acht Swiss Competence Centers for Energy Research (SCCER) untersucht. In diesem Referat werden die zentralen Ergebnisse der Studie dargelegt. Schwerpunkt liegt dabei auf den langfristigen Perspektiven neuer Energietechnologien, die sich unter unterschiedlichen energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen ergeben, sowie auf den entsprechenden Kostenimplikationen für das gesamte Schweizer Energiesystem. Die Studie unterstreicht die wachsende Bedeutung von Stromanwendungen als kosteneffiziente Dekarbonisierungsoptionen, welche durch geeignete Flexibilitätsmassnahmen flankiert werden müssen. Die sich gegenüber einer Referenzentwicklung ergebenden zusätzlichen Systemkosten für die Erreichung der CO2-Neutralität im Jahr 2050 hängen stark von den verfügbaren Technologieoptionen ab und können über den gesamten Zeitraum betrachtet um den Faktor Vier variieren – je nach dem Gestaltungsspielraum für die Transformation des Energiesystems.
Kurz-Biographie:
Dr. Tom Kober leitet die Gruppe Energiewirtschaft im Labor für Energiesystemanalysen des Paul Scherrer Instituts (PSI) mit Forschungsschwerpunkt auf der Untersuchung langfristiger Entwicklungen von Energiesystemen. Seit 2005 arbeitet er auf dem Gebiet der quantitativen computergestützten Energiemodellierung und war als Wissenschaftler am Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER) der Universität Stuttgart, beim Energy Research Centre of the Netherlands (ECN) und seit 2016 am PSI in eine Vielzahl von Forschungsprojekten involviert. Seine derzeitige Forschung konzentriert sich auf nationale und internationale Strategien zur Transformation von Energiesystemen und zur Treibhausgasminderung sowie auf Technologien zur Energiespeicherung. Tom Kober absolvierte sein Studium zum Wirtschaftsingenieur an der Technischen Universität Dresden und promovierte auf dem Gebiet der Energiewirtsaft an der Universität Stuttgart.
Donnerstag, den 26. August 2021, Villa Boveri in Baden
Dr. Jörg Spicker
Senior Strategic Advisor bei Swissgrid AG
«Versorgungssicherheit ohne Stromabkommen?»
Abstract:
Die europäische Liberalisierung hat eine deutlich höhere Dynamik im Stromhandel ausgelöst. Für die Übertragungsnetzbetreiber besteht die Herausforderung darin, die Kapazität für den Handel zu maximieren und gleichzeitig die Netzstabilität und damit auch die netzseitige Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
Ziel der EU ist die Vollendung des Binnenmarktes für Strom. Die EU implementiert daher mit Hochdruck das dritte Binnenmarktpaket und das Clean Energy Package, um den Stromhandel zu maximieren. Die dort festgelegten Regeln für den Netz- und Marktbetrieb entfernen sich immer weiter von den entsprechenden Schweizer Regularien: ohne Stromabkommen und ohne entsprechende Passagen in den laufenden Schweizer Gesetzesvorhaben gelten unterschiedliche Spielregeln beidseits der Grenzen. Hierdurch ist die Schweizer Netzbetriebssicherheit und die Importfähigkeit für Strom zunehmend gefährdet.
Swissgrid erwartet, dass die Herausforderungen für die Netzsicherheit bis 2025 stark zunehmen werden. Aufgrund des hohen Vermaschungsgrades des Schweizer Übertragungsnetzes dürfte die weitere Optimierung der flussbasierten Marktkopplung (70%-Regel; Umsetzung bis Ende 2025) in der EU voraussichtlich zu einer Zunahme der bereits heute erheblichen ungeplanten Flüsse durch die Schweiz und zu einer potenziellen Verringerung der Importfähigkeit der Schweiz führen. Darüber hinaus wird sich der Abbau an gesicherter Kapazität im europäischen Umfeld (Kernkraftwerke, Kohlekraftwerke) insgesamt negativ auf die Exportwilligkeit der EU-Mitgliedsstaaten auswirken – insbesondere im wichtigen Winterhalbjahr.
Ziel muss sein, dass die Schweiz auch ohne Stromabkommen mit der EU sicher betriebenes Netz und eine angemessene Versorgungssicherheit verfügt. Die Erpressbarkeit der Schweiz durch die EU muss durch einen angemessenen Eigenversorgungsgrad abgelöst werden.
Kurz-Biographie:
Dr. Jörg Spicker ist seit 2017 Senior Strategic Advisor bei Swissgrid, der Nationalen Netzgesellschaft der Schweiz. In dieser Funktion verantwortet er u.a. die Europa-Strategie des Unternehmens und vertritt Swissgrid in nationalen und internationalen Gremien und bei Veranstaltungen. Bei Swissgrid war er 2013-2017 Leiter der Business Unit „Markets“ und Mitglied der Geschäftsleitung. Seine Zuständigkeiten umfassten alle marktnahen Tätigkeiten wie Systemdienstleistungen, Kapazitätsmanagement, Marktentwicklung, Tarifierung, Regulatory Affairs und EU-Relations. In 2013 war er Senior External Advisor für McKinsey Inc. im Bereich Energiehandel, Risikomanagement, Energiebeschaffung und –vertrieb. Von 2003-2012 war Vorstand der Atel Energie AG, der deutschen Tochter des Schweizer Atel Konzerns. Seit dem Zusammenschluß von Atel und EOS zur Alpiq in 2009 war er Vorstand der deutschen Tochter Alpiq Energie Deutschland AG, Düsseldorf, mit Verantwortung für Origination, Vertrieb, und Erzeugungsmanagement.
Dr. Spicker war von 1999 bis 2002 Geschäftsführer der Aquila Energy GmbH in Essen. Bis 1999 war Dr. Spicker bei der Ruhrgas AG, Essen, über 10 Jahre in verschiedenen kommerziellen und technischen Positionen tätig war, zuletzt als Abteilungsleiter im Nordseegaseinkauf. In 1994-1995 wurde er in die USA zur Tenneco Gas Marketing Company, Houston (TX) entsandt. Von 1985 bis 1988 war Dr. Spicker als Berater in der GriPS mbH, Frankfurt tätig. Dr. Spicker ist Diplom-Physiker und hat an der Universität Bochum in Astrophysik promoviert.
Dienstag, den 23. November 2021
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hans-Werner Sinn
ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München
«Das Ziel ist klar, nur die Instrumente passen nicht:
Eine Kritik des klimapolitischen Unilateralismus der EU»
Kurzfassung:
Der Schritt von der Erkenntnis des Klimaproblems zu konkreten Politikmaßnahmen, die den CO2-Ausstoß verringern, scheint vielen klar zu sein. Er ist es aber nicht, denn aus vielerlei Gründen kann die Politik, die sich Europa vorgenommen hat, nicht wirken, obwohl sie extrem teuer sein wird. Der Vortrag listet die Ungereimtheiten der Klimapolitik der EU auf und versucht Wege zu einer realistischen Vorgehensweise zu beschreiben.
Da die Forschungsergebnisse noch nicht veröffentlicht sind, ist die Präsentation von Herrn Professor Sinn nicht verfügbar.
Tabellarischer Lebenslauf von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hans-Werner Sinn:
- Studium der Volkswirtschaftslehre an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster
- Promotion (1978) und Habilitation (1983) an der Universität Mannheim
- Ordinariat in Volkswirtschaftslehre an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München (1984-2016)
- Längere Gastprofessuren und Forschungsarbeiten an der University of Western Ontario in Kanada, der London School of Economics sowie an den Universitäten Bergen, Stanford, Princeton, Jerusalem, Wien, Calgary, Boston und Luzern
- Ehrenpromotionen Magdeburg, Helsinki, Leipzig, Prag
- Präsident des ifo Instituts (1999-2016), Direktor dem Center for Economic Studies (CES) der LMU (1991-2016), Geschäftsführer der CESifo GmbH (1999-2016)
- Mitglied und Gründer der European Economic Advisory Group (2001–2016)
- Präsident, Weltverband der Finanzwissenschaftler, IIPF (2006–2009)
- Vorsitzender, Verein für Socialpolitik (1997/98 und 1999/2000)
- Mitglied mehrerer Akademie der Wissenschaft, so auch der Leopoldina, des Maximailansordens für Wissenschaft und Kunst. Träger des Verdienstordens 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland
- Gründungskommission der Handelshochschule Leipzig (1994–1995
- Vorsitzender, Expertenkommission Wohnungspolitik, BMBau, Bonn (1992–1994)
- Berater u.a. IMF und Weltbank
- Ehrungen & Preise u.a.: Meritum-Preis der Deutschen Wirtschaft / Deutscher Rednerpreis (German Speakers Association) / Hochschullehrer des Jahres / Ludwig-Erhard-Preis für Wirtschaftspublizistik /Booth Lecture (Chicago) / Annual Whitman Lecture, Peterson Institute (Washington) /Staatsmedaille für besondere Verdienste um die bayerische Wirtschaft / Tjalling C. Koopmans Asset Award (Tilburg) /Heinrich-Heine-Wirtschaftsprofessur /Handelsblatt-Preis für Kasino-Kapitalismus (eines der besten 50
Wirtschaftsbücher aller Zeiten)/ Europapreis (Maastricht), Yrjö-Jahnsson Lecture (Helsinki) Jelle Zijlstra Lecture (Amsterdam) / Tinbergen Lecture (Rotterdam)/ Internationaler
Buchpreis CORINE / Wirtschaftsbuchpreis von Financial Times Deutschland und getAbstract AG /Stevenson Lectures on Citizenship Glasgow - Über hundert wissenschaftliche Aufsätze in referierten Fachzeitschriften, mehr als ein Dutzend Fach-Monographien, viele in mehreren Sprachen, hunderte von Zeitungsartikeln,
viele über das Project Syndicate in die großen Weltsprachen übersetzt und viele Dutzende von Fernsehauftritten, sehr stark frequentierte You-Tube-Vorlesungen zu wechselnden Themen
Zeitplan:
17:00 Eintreffen der Gäste und Apéro
17:30 Vortrag
19:00 Nachtessen
Anmeldung:
via Webformular (Einladung und Information an die Mitglieder wurde am 26. Oktober versandt)
Covid-19 Schutzkonzept:
Bitte beachten Sie, dass an dieser Veranstaltung vor Ort nur Personen mit einem gültigen COVID-Zertifikat zugelassen werden können.
Mit Ihrer Anmeldung erklären Sie sich damit einverstanden und bestätigen, ein gültiges COVID-Zertifikat inkl. Identitätsausweis mitzubringen.
Wir möchten Sie auch wieder darauf hinweisen, dass während des Vortrags Maskenpflicht gilt.